Fachartikel Steigende_Anforderungen

In diesem Fachbeitrag erhalten Sie einen Überblick über die stetig steigende Anforderungen an Schauglasarmaturen und deren Dichtungstechnik für einen sicheren und effizienten Betrieb

Stetig steigende Anforderungen an Schauglasarmaturen und deren Dichtungstechnik für einen sicheren und effizienten Betrieb

Durch Neuregelungen, Gesetzesanpassungen oder auf Kundenwunsch, werden die Anforderungen an die Armaturenbranche immer höher. Dies betrifft auch alle Arten von Schauglasarmaturen, egal ob Durchflussschaugläser, Füllstandsanzeiger, Behälterschaugläser oder Rohrschaugläser.

Dieser Bericht bietet einen Einblick in die Auswahlkriterien von Schauglaskomponenten, deren Dichtungstechnik, sowie zwei Beispiele von Schauglasarmaturen für besondere Anwendungsgebiete.

Die industriellen und gesetzlichen Anforderungen für Anlagenbauer und -betreiber steigen stetig. Auswirkungen dieser Regelanpassungen und Anforderungen machen sich dadurch auch in der Armaturenbranche bemerkbar. Zum Beispiel betreffen Neuerungen in der TA-Luft Flanschverbindungen, Dichtungstechnik und sogar Schauglasarmaturen. Grundsätzlich sind die Anforderungen durch eine gute Normung, wie z.B. Behälterschaugläsern nach DIN 28120 (ACI Typ 320), DIN 28121 (ACI Typ 321) oder Durchflussschaugläsern nach DIN 3237 (ACI Typ 550) abgedeckt. Aber was ist, wenn die Anforderungen der Anlagenbauer oder -betreiber zur effizienten und vor allem sicheren Überwachung des Prozesses die Möglichkeiten der Normschaugläser übersteigen?

Grundsätzlich wird eine breite Auswahl an Möglichkeiten zur Prozessüberwachung geboten. Seien es Behälterschaugläser (z.B. ACI Typ 320 oder 321), Durchflussschaugläser (z.B. ACI Typ 550 oder 530), Füllstandsanzeiger (z.B. ACI Typ 330 oder 410) oder Rohrschaugläser (z.B. ACI Typ 620 oder 622) zur Flanschmontage, zum An-/ Aufschrauben oder sogar zum Ein-/ Anschweißen. Dabei stoßen diese Standardschaugläser gelegentlich an ihre Grenzen. Gerade im Hochdruck- und Hochtemperaturbereich, aber besonders bei der Kombination aus Hochdruck und Hochtemperatur, kann man nicht immer auf einen Standard zurückgreifen. Problematisch wird es vor allem auch dann, wenn eine Armatur für ein sehr aggressives, explosives oder sehr gefährliches Medium eingesetzt wird. Durch die Verwendung von hochwertigen Materialien stellen wir sicher, dass die Anforderungen an die Schauglasarmatur eingehalten und erfüllt werden, selbst wenn es Sonderschauglasarmaturen sind. Gerade für die Herstellung von sehr vielseitig einsetzbaren Armaturen ist es wichtig, ein breites Auswahlspektrum von Komponenten und Materialien zur Verfügung zu haben. Wichtige Bestandteile stellen z.B. Glas, Dichtungen und Schrauben dar. Um eine breite Medienverträglichkeit abdecken zu können, kommt es hierbei auch sehr stark auf die chemische Zusammensetzung der verwendeten Materialien an. Zum Beispiel entspricht Edelstahl nicht gleich Edelstahl und nicht jeder Werkstoff ist universell medienbeständig. Die Materialien sind aber bei Weitem noch nicht alles. Das nötige Fachwissen, um eben solche Sonderarmaturen regelkonform herstellen zu können, muss neben einem guten Qualitätsmanagementsystem und ausgiebigen Tests vorhanden sein. Denn die meisten druckhaltenden Ausrüstungsteile wie z.B. Durchflussschaugläser (z.B. ACI Typ 550 oder 530), müssen regelkonform mit der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU, im Zusammenhang mit der AD2000 und den zutreffenden harmonisierten Normen auf Qualität und Konformität ausgelegt und ausgiebig getestet werden.

Dass es gerade auch für komplexere Anwendungsgebiete Möglichkeiten gibt, möchten wir anhand der nachfolgenden Beispiele genauer ausführen.

Anwendungsbeispiel: Medium

ACI Typ 590 - DN150 PN63 - Drei Wege Durchflussschauglas mit zwei Sichtoeffnungen

Abbildung 1:
ACI Typ 590 - DN150 PN63 - Drei Wege Durchflussschauglas mit zwei Sichtöffnungen

Medium:

Phosgen Gas

Temperaturbereich:

-20°C bis +280°C

Betriebsdruck:

40 bar

Anschlussnennweite:

DN 150

Als Gehäuse diente uns hierzu eine Weiterentwicklung unseres ACI Typ 590 Hochdruckgehäuse DN150 PN250, welches für drei V-Flansche DN150 PN63 nach DIN 1092-1 Typ 11 angepasst wurde. Bei dieser Baufor3m sind die besagten Anschluss V-Flansche die schwächste drucktragende Komponente des Schauglasgehäuses. Dabei war es wichtig, um volle 40bar bei einer Temperatur von 280°C erreichen zu können, die Flansche in PN63 zu verwenden. Diese sind nach der Temperatur-Druck-Zuordnung der DIN EN 1092-1 für 43,5bar zulässig und ausgelegt. Zur schnellen und selbstständigen Ermittlung der zulässigen Drücke in Bezug auf Temperatur, Druckklasse (PN / Class) und Werkstoff finden Sie auf unserer Webseite unter der Kategorie Tools unsere kostenlose Druck-Temperaturzuordnung nach DIN EN 1092-1 und ASME B16.5.

QR Code ACI Druck-Temperaturzuordnung nach DIN EN 1092-1

Abbildung 2:
ACI Druck-Temperaturzuordnung
nach DIN EN 1092-1

Beim Gehäuse- und Flanschwerkstoff entschieden wir uns wegen seiner besonders günstigen Eigenschaften in Bezug auf das Medium für den rostfreien austenitischen Stahl 1.4539 (X1NiCrMoCu25-20-5 / 904L). Der Schweißvorgang wurde durch geprüftes und zertifiziertes Personal durchgeführt. Bei rostfreien austenitischen Stählen ist eine anschließende Beizung und Passivierung der Schweißnähte zwingend erforderlich, damit die Korrosionsbeständigkeit erhalten bleibt. Um den Sicherheitsanforderungen unseres Kunden gerecht zu werden, wurden alle Schweißnähte einer 100% Prüfung mit Röntgenaufnahmen unterzogen und das komplett montierte Schauglas einer TÜV Abnahme mit 3.2 Zeugnis unterworfen. Wenn nicht anders gewünscht, richtet sich der Dokumentationsumfang sonst grundsätzlich nach den geltenden Regelwerken der AD2000 und der Druckgeräterichtlinie. Unsere Standardschaugläser aus Borosilikatglas ersetzten wir gegen metallverschmolzene Borosilikatschaugläser. Nur so war es uns möglich, neben dem erweiterten Lochkreis eine noch gleichmäßigere und höhere Flächenpressung für eine effektive Dichtverbindung gegen Phosgen Gas zwischen Glas und Gehäuse aufbringen zu können.

Als Dichtungswerkstoff wurde novaphit® VS ausgewählt, bei dem es sich um eine Graphitdichtung handelt, die aus einer vorverdichteten Graphitfolie aus hochreinem expandiertem Graphit (Reinheit > 99%) besteht. Aufgrund des abzudeckenden Temperaturbereichs der Anwendung (-20°C bis +280°C) ist eine mögliche Kondensatbildung sowie die Entstehung von Salzsäure nicht auszuschließen. Aus diesem Grund wurde auf die sonst bei novaphit®-Dichtungen übliche Edelstahlverstärkungseinlage aus 1.4404 verzichtet.

Anwendungsbespiel: Druck

Bezüglich mehrerer Hochdruck-Durchflussschaugläser mit Innengewinde für eine Hochdruck Öl Anwendung, wurden wir von einem großen Flugzeug- und Helikopterhersteller kontaktiert. Uns war es möglich, bei diesem Anwendungsfall auf eines unserer Standardprodukte zurückzugreifen, den ACI Typ 522, Hochdruck-Durchflussschauglas mit Innengewinde.

ACI Typ 522 - 1/2“ PN400 - Hochdruck-Durchflussschauglas mit Innengewinde

Abbildung 3:
ACI Typ 522 - 1/2“ PN400 - Hochdruck-Durchflussschauglas mit Innengewinde

Medium:

Öl

Temperaturbereich:

-10°C bis +90°C

Betriebsdruck:

400 bar

Anschlussnennweite:

G 1/2"

Der ACI Typ 522 wurde in der 400 bar Variante für eine Maximaltemperatur von 280 °C ausgelegt und erfüllte somit spielend die Anforderungen des Kunden. Somit konnten wir unserem Kunden ohne lange Wartezeit die Hochdruck-Durchflussschaugläser nach seinen Wünschen und Spezifikationen kurzfristig liefern. Für diese Schauglasarmaturen wurden hochqualitative und speziell für ACI hergestellte Borosilikatgläser verwendet. Sondergläser, die durch ihre hohen Anforderungen nicht in der entsprechenden Norm gelistet sind, werden grundsätzlich in Anlehnung an jene Norm für das erforderliche Anwendungsgebiet von uns ausgelegt und berechnet. Für die Auslegung solcher Gläser steht auf unserer Webseite in der Kategorie Tools auch unser kostenloser Glasberater für eine Vielzahl an Glasmaterialien und Formen zu Ihrer Verfügung.

QR-Code ACI Glasberater

Abbildung 4:
ACI Glasberater

Für das Gehäusematerial wurde ein in Deutschland gefertigter 1.4571 (X6CrNiMoTi17-12-2 / A316Ti) Edelstahl mit den besten Eigenschaften für Hochdruckanwendungen verwendet. Welcher sich unter anderem durch seine Langlebigkeit und Korrosionsbeständigkeit auszeichnet. Aus diesem Grund erfordert er keine zusätzliche Lackschutzschicht. Bezüglich der Dichtung haben wir uns für die novaphit® MST mit serienmäßiger XP-Technologie entschieden. Diese zeigte bei unseren Schauglasarmaturen in der Vergangenheit durch ihre sehr hochwertigen Eigenschaften die besten Ergebnisse. In der nachfolgenden Abbildung sind beschädigte Schauglasplatten zu sehen, die mit einer handelsüblichen Graphitdichtung eingebaut wurden.

Beschädigte Glasplatten mit Standard Graphitdichtung

Abbildung 5:
Beschädigte Glasplatten mit Standard Graphitdichtung

Novaphit® MST stellt die aktuell höchste Entwicklungsstufe von Graphitdichtungen dar. Der Multilagenaufbau mit jeweils 0,5 mm hochreinem Graphit (Reinheit > 99,5%) gefolgt von einer Edelstahleinlage aus 1.4404, gewährleistet höchste mechanische Stabilität. Bei einer Dichtungsdicke von beispielsweise 2 mm kommen drei Einlagen zum Einsatz, wobei die jeweils äußeren Verstärkungseinlagen als Streckmetall ausgeführt sind. Diese sorgen u.a. für eine optimierte Verteilung der Flächenpressung, wodurch die Leistungsfähigkeit dieser Graphitdichtung weiter gesteigert wird. Bei novaphit® MST können auch bei Dichtungsabmessungen mit sehr schmalen Stegen hohe Flächenpressungen aufgebracht werden, ohne den Werkstoff zu zerstören. Daher ist novaphit® MST auch für den Einsatz bei höchsten Innendrücken prädestiniert.

Darüber hinaus kommt serienmäßig die sog. XP-Technologie zum Einsatz, die eine anorganische Tiefenpassivierung des Graphits darstellt. Der sich daraus ergebende Effekt betrifft zwei wichtige Bereiche. Zum einen wird die Oxidationsstabilität des Graphits erhöht, so dass sich insbesondere bei Anwendungen mit höheren Temperaturen (> 300°C) deutlich bessere Langzeiteigenschaften erzielen lassen. Andererseits wird die Neigung des Graphits an der Dichtfläche anzuhaften, drastisch reduziert oder sogar komplett vermieden. Dies sorgt beim Wechsel von Dichtungen nicht nur für eine Zeitersparnis, sondern die nahezu unvermeidliche Beschädigung der Dichtflächen durch den Reinigungsprozess werden vermieden. Die Rückstände der novaphit® MST mit XP-Technologie (Bild rechts) lassen sich einfach mit einem angefeuchtetem Reinigungstuch rückstandslos entfernen.

Schauglasplatte incl. verpresster novaphit® MST Dichtung mit XP- Technologie
Schauglasplatte mit minimalen Rückständen von der entfernten novaphit® MST Dichtung

Abbildung 6:
(links) Schauglasplatte inkl. verpresster novaphit® MST Dichtung mit XP-Technologie, (rechts) Schauglasplatte mit minimalen Rückständen von der entfernten novaphit® MST Dichtung

Aus Norwegen erreichte uns die Anfrage, eines Petroleum-Raffinerie-Kunden über ein Hochdruckschauglas für Tieftemperaturen, welches seetauglich sein musste. Folgende Anforderungen sollten erfüllt werden:

ACI Typ 520 – 3“ (DN80) Class 900 (PN150) – Hochdruck-Durchflussschauglas mit zwei Sichtöffnungen

Abbildung 7:
ACI Typ 520 – 3“ (DN80) Class 900 (PN150) – Hochdruck-Durchflussschauglas mit zwei Sichtöffnungen

Medium:

CO2, Öl, Methan und Salzwasser

Temperaturbereich:

-60°C bis +150°C

Betriebsdruck:

Class 900 / 150 bar (125 bar)

Anschlussnennweite:

3" (DN 80)

Unserem Kunden war vor allem der Salzwasserschutz und die Tieftemperaturbeständigkeit bei -60°C besonders wichtig. Hierfür konnten wir auf unseren ACI Typ 520A, ein Hochdruck-Durchflussschauglas mit ANSI Flanschen, zurückgreifen.

Als Werkstoff für das Gehäuse des Typ 520A Hochdruck-Durchfluss-Schauglases verwendeten wir den Edelstahl 1.4462. Dieser ist durch seine herausragenden Eigenschaften salzwasserresistent und ebenfalls sehr beständig gegen CO2, Öl und Methan Gas. Die Verbindungsflansche nach ASME B16.5 RF in 3“ Class 900 wurden ebenfalls aus diesem Werkstoff gefertigt. Für diesen Werkstoff benötigten wir ein 3.2 Zeugnis mit Eignungsnachweis. Des Weiteren stuften wir das Schauglas, laut AD2000 Merkblatt W10 (Werkstoffe für Tieftemperatur), von Beanspruchungsgruppe I zu Beanspruchungsgruppe II hoch. Durch diesen Schritt konnte der gewählte Werkstoff (1.4462) anstelle der zugelassenen -40°C, die erforderlichen -60°C erreichen. Der Schweißprozess des Hauptgehäuses erforderte durch diese Umgruppierung eine 100% Röntgenkontrolle der beiden Schweißnähte. Als Glas wurde von uns speziell angefertigtes Borosilikatglas ähnlich DIN 7080 hergestellt. Dieses ist standardmäßig gegen die oben genannten Medien beständig und ist auch salzwassertauglich. Als Dichtungswerkstoff verwendeten wir die novaphit® MST Grafit Dichtung, da diese durch ihre spezielle Aufbaustruktur für Hochdruck Anwendungen im Tieftemperaturbereich perfekt geeignet ist.

Eine Druckprüfung mit Wasser bei Raumtemperatur haben wir für 60 Sekunden bei PN 150 bar x 1,5 (225 bar) auf unserem eigenen Duck-Prüfstand erfolgreich durchgeführt.

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